Elektromechanische Schliesssysteme gehören zu den sichersten Schliesssystemen auf dem Markt. Auch wir fühlten uns sicher bis wir eines Besseren belehrt wurden.
Am 5. November 2020 – kurz vor dem zweiten Lockdown – retteten wir ein fast 20-jähriges Kino vor der endgültigen Schliessung. Bei der Übernahme des Ladenlokals wurden uns die Schlüssel ausgehändigt. Die Schlüssel gehörten zu einem elektromechanischen System der Marke Keso von der Firma Assa Abloy.
Als ehemaliger Fachingenieur Sicherungssysteme eines Kernkraftwerkes erfreute mich das Schliesssystem. Da darf man sich in Sicherheit wähnen. Der Verwaltung meldeten wir die erhaltenen Schlüssel, damit allfällig nicht vorhandene Schlüssel gesperrt werden. Noch vor Weihnachten wurde der zweite Lockdown ausgerufen, was zu einer temporären Schliessung des Kinos führte. Wir nutzten die Zeit um aufzuräumen und zu organisieren. Irgendwann fehlte ein Notebook und weiteres Material. Aber ausser mir ging ja niemand ein und aus. Also dachte ich, dass ich die fehlenden Dinge einfach verlegt hätte. Daraus ergab sich eine Geschichte, die es sogar in die 20 Minuten schaffte.
Fall 1: Besuch vom Schlossgeist
Am 7. Februar 2021 postete ich auf Facebook etwas über komische Vorgänge in unserem Kino. Ich verarbeitete meine angenommene Dusseligkeit mit einem mysteriösen Besuch unseres bekannten Schlossgeistes Kuoni, dem es während dem Lockdown auf seiner Burg zu langweilig wurde. Damit war diese Geschichte für mich vorerst erledigt.
Fall 2: Der Schlüssel des Nachbarn
Bei der Übernahme des Kinos fehlte uns ein eigener Parkplatz. Den erhielten wir mit dem Auszug eines direkten Nachbarn. Der dazugehörende Lagerplatz konnten wir ebenfalls gleich übernehmen. Der Zufall wollte es, dass ich am 8. Mai 2021 den Schlüssel verwechselte. Ich wollte tatsächlich mit dem Lagerraum-Schlüssel die Nottüre des Kinos öffnen – es funktionierte. Erstaunt und irgendwie nicht so glücklich klärte ich die Sachlage ab. Der Lagerraum gehörte früher schon einmal zum Kino und bei der Programmierung sei wahrscheinlich ein Fehler passiert. Mit ein bisschen Misstrauen akzeptierte ich die Erklärung.
Fall 3: Der Schlüssel der Mitarbeiterin Zufälligerweise wohnte eine Mitarbeiterin in der gleichen Überbauung. Am 3. Mai 2023 – wir mieteten weitere Räumlichkeiten dazu – verwechselte sie ihren Hausschlüssel mit dem Büroschlüssel und konnte die Bürotüre mit ihrem Hausschlüssel öffnen. Nun platzte mir der Kragen und begab mich auf Fehlersuche.
Gefährliche Schliesssystem-Fehlplanung
Das Resultat ist vernichtend. Das Schliesssystem ist eine einzige Fehlplanung. Der mechanische Teil des elektromechanischen Keso-Schlüssels funktioniert eigentlich überall in der Überbauung. Die Überbauung besteht aus vielen gewerblichen und privaten Mietobjekten. Die Idee der Verwaltung: Wenn jemand zusätzliche Räumlichkeiten mietet – beispielsweise einen Lagerraum – können die Schlüssel einfach entsprechend umprogrammiert werden.
So weit so gut. Jedes Türschloss ist darum mit einem Lesegerät ausgestattet, damit nur berechtigte Personen reinkommen. So weit zur Theorie. In der Praxis funktioniert die Idee nur bedingt. Da die Lesegeräte der Türschlösser untereinander nicht verbunden sind, sondern als sogenannte Einzellösungen ausgeführt wurden, benötigen diese eine Batterie um ihre Funktion erfüllen zu können. Ist diese Batterie leer, bestehen zwei Möglichkeiten: Entweder der elektronische Teil des Schlosses fällt in den Zustand «offen» oder in den Zustand «geschlossen».
Beim geschlossenen Zustand gibt es aber keine Möglichkeit mehr, das Türschloss zu öffnen. Darum fällt die Elektronik der Schlösser beim Fehler der Stromquelle in den Offenzustand. Das führt dazu, dass die Schlösser in diesem Zustand von jedem beliebigen Schlüssel der Überbauung geöffnet werden kann.
Achtung! Sabotage möglich!
Da das Schliesssystem elektronisch untereinander nicht verbunden ist, alarmiert das Schliesssystem weder bei Manipulation noch beim Versuch, das Schloss mit einem fremden Schlüssel zu öffnen. Im Gegenteil, es ermöglicht einen Angreifer, die Schlösser so zu manipulieren, dass man ohne Einbruchspuren einfach in die entsprechenden Lokalitäten hinein kommt – sofern die entsprechende Mieterschaft nicht eine eigene Alarmanlage installiert hat.
Vermieterschaft: Uninteressiert!
Am 3. Mai 2023 meldete ich meine Erkenntnisse umgehend der Verwaltung. Mit meiner Intervention beim CEO des «führenden Immobilien-Dienstleisters» erhielten wir am 5. Mai 2023 ein rein mechanisches Notfall-Schliesssystem mit einer für die Arbeit sehr umständlichen Schlüsselvergabe. Dies behielten wir so bis zum Auszug. Die anderen Mieterschaften wurden bis zum heutigen Tag weder informiert noch wurde am Schliesssystem etwas geändert. Weder von der Eigentümerschaft, noch von der Verwaltung oder der Eigentümerschaft der Verwaltung. Sämtliche drei CEOs sowie der Portfoliomanager wurden von mir umgehend und direkt informiert. Mittlerweile sind fast 20 Monate vergangen ohne eine sicherheitsorientierte Aktion der Verantwortlichen.
Korrekter Einsatz eines elektromechanischen Schliesssystem
Elektromechanische Schliesssysteme bieten ein Plus an Sicherheit wenn folgende Voraussetzungen beachtet werden: 1. Elektromechanische Schliesssysteme müssen in ein ständig überwachtes Netzwerk eingebunden sein. 2. Nicht erlaubte Manipulationen müssen eine Meldung oder einen Alarm auslösen. 3. Der mechanische Schlüsselteil darf niemals über das einzelne Mietobjekt hinaus benutzbar sein. 4. Auf batteriebetriebene Insellösungen sollte aus Sicherheitsgründen komplett verzichtet werden. 5. Bei batteriebetriebenen Insellösungen muss die korrekte Funktionsweise der Lesegeräte regelmässig getestet werden. Fazit: Die vielfältigen Möglichkeiten eines modernen Schliesssystems beinhalten eine Komplexität, die beherrscht sein will.
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Quelle: Christian Riesen
Bildquelle: © Christian Riesen
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